food­sharing Dresden

18.04.2024

Pressemitteilung

Stellungnahme von Foodsharing Dresden zum Artikel in der SZ vom 27.05.2022

Der kürzlich in der SZ über uns erschienene Artikel stellt unsere Arbeit in einem weit­hin falschen Licht dar. Daher hier kurz unsere Richtigstellung:

Der Artikel vermittelt den Ein­druck, wir würden einfach easy peasy mit fünf Minuten Ar­beit unseren kom­pletten Wochen­ein­kauf ab­greifen, for free, und die er­haltenen Top-Lebens­mittel im End­effekt sogar noch Be­dürftigen weg­nehmen, weil wir eben zu Zeiten ab­holen können, zu denen die Tafel halt nicht kann; Pech für die, gut für uns. Und wenn es uns die Betriebe nicht frei­willig geben, dann brechen wir eben bei ihnen ein und holen es uns aus den Abfallcontainern. Okay, steht jetzt nicht direkt so da, aber den Ein­druck könnte man in Summe glatt be­kommen. Mafia 2.0

Das ist natürlich in jeder­lei Hin­sicht Unfug. Uns geht es nicht darum, etwas gra­tis ab­zu­stauben, unser Ziel ist es, die statt­findende Lebens­mittel­verschwendung zu reduzieren. Es handelt sich hier um Lebens­mittel, die sonst weg­ge­worfen werden würden. Die Lebens­mittel­pro­duktion bean­sprucht immense Ressourcen und setzt erheb­liche Mengen an Treib­haus­gasen frei – und ein großer Teil der produ­zierten Lebens­mittel wird gar nicht ge­gessen, sondern einfach weg­ge­worfen, so dass das alles für die Katz war.

Das ist unser Antrieb. Wir setzen uns dafür ein, dass über­schüssige Lebens­mittel, solange sie grund­sätzlich noch genieß­bar sind – und die meisten Lebens­mittel sind das eben auch noch lange nach dem M​H​D – nicht weg­ge­worfen werden, sondern bei Menschen landen, die noch froh da­rüber sind.

Und eben das ist in aller Regel nicht in zehn Minuten gemacht, sondern macht in Summe ganz er­heb­lich viel mehr Arbeit. Selbst wenn man die ganze Auf­klärungs- und Bil­dungs­arbeit, die wir leisten, mal außen vor lässt: So eine Ab­holung macht in der Regel schon deut­lich mehr Arbeit, als man beim Lesen des Artikels denken könnte. Gerade Bio­märkte wie der hier ge­zeigte Alna­tura wirt­schaften in aller Regel schon sehr nach­haltig, so dass zu­meist von vornherein gar nicht so schreck­lich viel übrig bleibt (was vor allem auch der Grund ist, dass sich eine Ab­holung für die Tafel hier zumeist mengen­mäßig gar nicht lohnt).

Bei anderen Betrieben steht man zum Teil auch schon mal vor 40 Stiegen Rettich und muss sich was einfallen lassen. Manche Ab­holungen dauern mit Vor- und Nach­sortieren gerne mal ein, zwei Stunden, dazu kommt dann ggf. noch die Zeit fürs Weiter­verarbeiten und Halt­bar­machen sowie fürs Auf- und Weiter­verteilen. Daneben geht Zeit für Fair­teiler­pflege drauf, für Aufklärungs­arbeit, für Koordinations­auf­gaben und einiges mehr. Wenn man sich das alles an­schaut, dürfte klar sein: Food­sharing macht vor allem Arbeit und er­for­dert einen starken Idealis­mus für die Sache. Wer einfach nur schnell und günstig an Lebens­mittel kommen will, der fände wohl er­heblich weniger auf­wendige Wege dafür.

Eine Bedürftigkeitspräferenz haben wir zudem bewusst nicht. Zum einen wollen wir uns nicht anmaßen, anhand irgend­welcher Kriterien zu beurteilen, ob jemand „bedürftig“ ist oder nicht (für Betroffene ist das oft sehr ernied­rigend, alles haar­klein offen­legen zu müssen), zum anderen geht es uns ja in erster Linie darum, dass die Lebens­mittel noch ge­gessen werden, solange sie noch genießbar sind, und eben nicht in der Tonne landen. Hier spielt insbesondere auch Zeit eine maßgebliche Rolle. Es wäre aus Umwelt­sicht wenig sinn­voll, wenn wir gerettete Lebens­mittel lediglich an Be­dürftige abgeben würden, alle anderen abweisen und dann womög­lich die Hälfte der Sachen weg­werfen müssten, weil sie nicht ab­geholt wird. Unser Ziel ist ja gerade, das zu vermeiden. Deshalb machen wir an der Stelle keinen Unter­schied.

In der Praxis sind dennoch viele unserer angemeldeten Food­saver:innen trotzdem auch selbst „bedürftig“, wir haben viele Studierende und ander­weitig Gering­verdienende in unseren Reihen, die sich natür­lich auch über die er­haltenen Lebens­mittel freuen. Aber es macht wie gesagt vor allem auch Arbeit und ist weit weg von „ich lebe wie ein König und muss prak­tisch gar nicht mehr ein­kaufen gehen“.

Abgesehen davon, dass Containern nicht illegal sein sollte, sondern wenn dann eher das Wegwerfen guter Lebens­mittel, „containern“ wir als Orga­ni­sation natürlich nicht, sondern versuchen es eben gerade hin­zu­be­kommen, dass die Unter­nehmen die über­schüssigen Lebens­mittel gar nicht erst weg­werfen, sondern besten­falls noch los­be­kommen, weniger be­stellen oder uns eben legal und direkt aus der Kühlung heraus ohne den Um­weg über die Tonne geben. So­fern einzelne Food­saver:innen zusätzlich privat noch containern gehen, entzieht sich das unserer Kenntnis. Dazu aufrufen oder das syste­ma­tisch als food­sharing machen tun wir natürlich nicht – im Gegen­teil, wir treten ja gerade dafür ein, dass das nicht mehr nötig sein wird.

Dresden, 3. Juni 2022
Food­sharing Dres­den, AG Außenkommunikation & Presse